Die Nordwestpassage


1. Projektbeschreibung

1.1 Planungsaufgabe

Gestaltungsaufgabe war das Treppenhaus im bis 1959 wieder aufgebauten Mittelflügel des Rotebühlbaues in Stuttgart.
Der zentrale Treppenraum erschließt vertikal sieben Stockwerke mit einer dreiläufigen, geraden Treppenanlage, die je Stockwerk durch zwei Zwischenpodeste untergliedert und in ihrer Richtung gewendet wird. Zusätzlich bieten im gleichen Raum drei Aufzüge die Möglichkeit, bequem zwischen den Stockwerken zu wechseln.
Indirektes Tageslicht aus nordwestlicher Richtung hellt den Treppenraum ausreichend auf, so dass nur an Wintertagen und gegen Abend zusätzliche elektrische Beleuchtung nötig ist.
Die komplexe Geometrie der Treppenanlage, der mit sieben auf acht Meter knapp bemessene Raum und die sicherheits- wie transporttechnischen Notwendigkeiten freier Verkehrswege und -flächen strukturieren die Aufgabe der künstlerischen Planung.


1.2 Entwurfsbeschreibung

Auf den skizzierten architektonisch-sachlichen Bedingungen aufbauend, habe ich versucht, einerseits die Geschichte und die Funktion des Gebäudes in die Aufgabe zu integrieren und andererseits die Arbeitsfelder und Aufgaben der im Haus Beschäftigten so zu reflektieren, dass diese anteilig in die Konstruktion der Arbeit einbezogen werden konnten.

Als Essay beschreibt „Die Nordwestpassage“ die gesamte südwestliche Wand des Treppenhauses auf unterschiedlichen Ebenen.

Auf der ersten Raumebene rekurriert der Entwurf das ursprüngliche Bild der Wiederaufbausitation.
In der südlichen Ecke der Treppenhauswand wird innerhalb eines 60 - 92 cm breiten Streifens der Wandputz bis auf die tragende Betonfläche entfernt. Dabei kommt die ursprüngliche Bausituation wieder zum Vorschein. Von dieser Arbeit ausgespart bleiben sechs Begriffe: Grenzen, Achsen, Interaktionen, Wettbewerbe, Anteile, Integrationen – je Stockwerk ein Begriff (v.u. nach o.).
Sie bilden als zweite Ebene die Abwicklung des strukturellen Gedankenraumes, in dem sich gesamtgesellschaftliche Prozesse grundsätzlich abarbeiten lassen: Jeder zu planende Arbeitsablauf folgt schrittweise den gewählten Begriffen.
Auf der dritten Ebene erscheint mit dem Bild einer gerasterten Gebäudeaußenfassade im Innern prototypisch wie als Muster „das Neue“ als transgressives Moment. Scheinbar vorläufig arrangiert, bietet das Wandbild eine Übergangslösung für das Arrangement farbiger Flächen.
Eine vierte Ebene, die Beschriftung der Fassadenelemente, bildet den iterativen Abschluss der Arbeit.


1.3 Inhaltliche Kurzbeschreibung

Die Gesamtheit des Entwurfes - ein Relief - vermisst die Architektur des Treppenhauses. Ein durchgehendes, nicht relationales Achsmaß vom 1 m läßt - einem Messgitter gleich - die horizontalen und vertikalen Verschiebungen innerhalb der Gebäudearchitektur sichtbar werden. Notwendige Installationen wie die Treppenhausbeleuchtung und die Löschwasseranschlüsse werden vereinnahmt und sind als Vitrinen bzw. Lichtkästen in die Elemente integriert. Die Farbabfolge (in RAL-Farben) parallelisiert ikonografisch die Begriffsabfolge und schließt als überdimensionales Pixelbild ausschnitthaft Planbilder wie Stadt- und Bebauungspläne sowie digital niedrig aufgelöste Bildteile daraus mit ein. Das Bildganze ist jedoch von keinem Ort im Raum wahrnehmbar.

Die Beschriftung der Tafeln durch Klebefolienbuchstaben erfolgt nur beispielhaft. Sie wird in (technisch) gleicher Weise von den im Haus Beschäftigten weitergeführt werden.

Die im Treppenhaus bereits stehenden Skulpturen von Gerhard Halbritter und Otto Baum sollen an ihren Standorten stehen bleiben.

Ergänzend zu den beschriebenen Elementen der Planung werden für die anstehende Gebäudesanierung folgende thematische Fortführungen angeregt:

a. Die im EG stehende Infosäule soll - in quadratischem Muster
(siehe Modell) zoniert gestrichen werden.
b. Die Sockwerksnummerierung an der südöstlichen Wand soll
plastisch gelöst werden.



2. Technische Beschreibung

2.1 Putzflächen

Der Putz auf den sechs Teilflächen (siehe Plan 1:100) wird von Hand mit Hammer und Meißel geschoßhoch entfernt. Alle dabei auftauchenden Kabelkanäle, Unebenheiten, Fehler oder Kritzeleien bleiben offengelegt erhalten. Ausgespart - und damit den derzeitigen Bestand zeigend - wird pro Geschoß ein Begriff, der somit leicht erhaben auf der rohen Wand steht. Zum besseren Schutz der empfindlichen Elemente werden die Flächen mit einer vorgehängten Glasscheibe gesichert.


2.2 Fassadenelemente

Die Treppenhausbekleidung besteht aus quadratisch zugeschnittenen, allseitig verformten, verschiedenfarbig beschichteten (Pulverbeschichtung) Aluminiumblechbekleidungen. (79 quadratische Elemente 985 x 985 mm und 80 Anschnittplatten)

Pro Geschoß werden je zwei Felder flächenbündig mit transluzentem, quadratisch zugeschnittenen Glas als Beleuchtungselement in die Gestaltung integriert.

An Ober- und Unterseite der Treppenläufe und Podeste bzw. oberen Anschluß an Decken über 6. OG werden schwarz beschichtete Kantprofile als Schattenfuge und zum Ausgleich von Rohbautoleranzen eingebaut. Der linke seitliche Abschluß erfolgt durch ein weißes Kantprofil. Die Aufbaustärke liegt bei 125 mm.

Für die Ausführung gilt die VOB Ausgabe 1998 Teil C DIN 18351 und 18360.

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